Sabrina Mockenhaupt verlässt die LG Sieg und setzt sich neue Ziele

Sabrina Mockenhaupt musste ihren Start bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Kassel aufgrund einer Muskelverletzung überraschend absagen.
Sabrina Mockenhaupt wechselt von der LG Sieg zum Laufteam Haspa Marathon Hamburg. Für die Obersdorferin, die in zehn Tagen 36 Jahre alt wird, ist es nach zwei Jahren mit Verletzungen gleichbedeutend mit einem Neustart.   ©Foto: Frank Steinseifer

Wilgersdorf.  „Schur“ war gestern. Künftig heißt es „Moin, Moin!“ Die waschechte Siegerländerin Sabrina Mockenhaupt wechselt ihr Vereinstrikot. Die 35-jährige gebürtige Wilgersdorferin, die derzeit überwiegend in Metzingen am Fuße der Schwäbischen Alb lebt und trainiert, wechselt von der LG Sieg zum LT Haspa Marathon Hamburg.

„Ich will nochmal was Neues anfangen. Ich habe nach meiner Verletzungszeit wieder richtig Bock auf’s Laufen. Es macht großen Spaß, endlich ohne Schmerzen laufen zu können“, sagte sie heute im Gespräch mit Laufen57.de Sabrina Mockenhaupt wird von 2017 an zwei Jahre für das Lauf Team Haspa Marathon Hamburg antreten. „Ich habe da ein gutes Team zusammen und wir wollen die Deutschen Mannschaftsrekorde über 10 Kilometer, im Halbmarathon und im Marathonlauf knacken. Ich bin jahrelang Einzelkämpferin gewesen und kann in Hamburg nun auch etwas mit einer Mannschaft erreichen“, begründete „Mocki“ ihre Entscheidung. Zum Team des LT Haspa Marathon Hamburg gehören unter anderem die Zweite der Deutschen Marathon-Meisterschaften, Mona Stockhecke, sowie Hindernisläuferin Jana Sussmann, die die Olympia-Teilnahme über 3.000 Meter Hindernis nur knapp verpasst hatte, und die international für Lettland startberechtigte Agata Strauss. Bereits im Frühjahr diesen Jahres hatten Jana, Agata und Mocki in den USA vier Wochen lang gemeinsam trainiert.

Sabrina Mockenhaupt hatte im Vorfeld auch die LG Sieg über den Wechsel informiert. „Ich habe mich noch lange mit Klaus Acher [Vorsitzender der LG Sieg, A.d.R.] unterhalten. Ich habe ihm meine Situation erklärt und er hat den Wechsel auch verstanden und mir alles Gute gewünscht.“ Der Vereinsvorstand der LG Sieg bedauerte bereits am Donnerstagnachmittag ausdrücklich den Entschluss von Mocki. Auf der Internetseite erklärte die Vereinsführung:  „Die LG Sieg verliert damit ihr größtes Aushängeschild und ihre beste Athletin. Mocki hat in ihrer Karriere 42 Deutsche Meistertitel errungen, die meisten davon für die LG Sieg. Der Vorstand nimmt Sabrinas Entscheidung mit Betroffenheit zur Kenntnis und wünscht ihr für ihre weitere Karriere alles Gute und weiterhin große Erfolge. Vielleicht findet sie ja noch einmal den Weg zurück, wie schon einmal 2011.“

Fahrten von 330 Kilometer künftig reduzieren

Sabrina Mockenhaupt trug bereits von 1997 bis 2005 das Trikot ihres Stammvereins LG Sieg, startete dann von 2006 bis 2010 für den Kölner Verein für Marathon und kehrte im Januar 2011 zur LG Sieg zurück. Somit ist nun der LT Haspa Marathon Hamburg der dritte Verein von Sabrina Mockenhaupt. Mit Orts- und Vereinswechseln waren oft auch Trainerwechsel verbunden, doch immer wieder kehrte „Mocki“ zum Brachbacher Heinz „Heiner“ (Spitzname) Weber zurück,  zuletzt vor exakt zwei Jahren, im November 2014, als die damals 33-Jährige wieder auf die Erfahrung ihres alten „Ziehvaters“, der im Januar 80 Jahre alt wird, setzte. Mittlerweile ist „Mocki“ in weiten Teilen Autodidakt: „Ich halte immer noch große Stücke auf die Arbeit von Heiner, aber über die Entfernung ist so eine Zusammenarbeit natürlich schwer aufrechtzuerhalten. Wenn ich einen Rat brauche, dann ist er immer für mich da. Ich habe mittlerweile so viel Erfahrung, kenne jetzt meinen Körper besser und habe gelernt, dass ich in den zwei, vielleicht vier Jahren die mir jetzt noch bleiben, viel mehr Wert auf die Regeneration legen muss. Ich habe keine Lust mehr, mit Schmerzen zu laufen. Muskelkater, ja gerne, aber ich will nie wieder über den Schmerzpunkt gehen müssen…“ Eine erste Konsequenz wird sein, nicht mehr ständig die 330 Kilometer lange Autofahrt aus dem Großraum Stuttgart zum Erstwohnsitz Wilnsdorf-Oberndorf, oder zum Elternbesuch in Wilgersdorf, oder zum Training im Molzbergstadion in Betzdorf anzutreten.

Ermüdungsbruch – Fuß-OP – Ermüdungsbruch im Becken

Für Sabrina Mockenhaupt begann das Jahr 2016 zunächst mit einem Comeback nach einer Reihe von Rückschlägen. Anfang 2012 hatte sie sich einen Ermüdungsbruch im Fuß zugezogen, der ihre Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in London beeinträchtigte. Immer wieder brach die Verletzung aus. Schon beim EM-Marathon von Zürich (Schweiz) hatte die erfolgreichste DLV-Langstrecklerin der vergangenen Jahre wegen Schmerzen im Fußgelenk aussteigen müssen. Doch “Mocki” biss sich in der Zeit danach durch, lief unter anderem den Halbmarathon in New York (USA) im März 2015 in 1:13:07 Stunden und den Hamburg-Marathon im April 2015 in 2:32:41 Stunden. Danach entschied sie sich 2015 aber doch zu einer OP am Sprunggelenk und kehrte nach einer achtwöchigen Reha zurück ins Wettkampfgeschehen.

Noch zur Weihnachtszeit 2015 war Sabrina Mockenhaupt bester Stimmung, wertete die Operation “als einzig richtige Entscheidung”, und wollte sich beim Silvesterlauf in Backnang über 10 Kilometer wieder ins Gespräch bringen und sich für die Olympiasaison 2016 gerüstet zeigen. Doch dann sorgte ein Fehltritt im Training wenige Tage vor dem Jahreswechsel 2015/2016 erneut für eine Zwangspause. Umgeknickt, Diagnose Fußbruch, mehr als vier Wochen Laufpause! Und wieder kämpfte sie sich heran, trainierte hart, absolvierte wieder ein Höhentrainingslager um unter erheblichem Zeitdruck vielleicht doch noch die Qualifikation für Rio zu schaffen. Rückblickend sagte sie: “Zuerst die Fuß-OP am Sprunggelenk, dann im Training  habe ich zu früh meinem Körper wieder alles abverlangt um schnell in Form zu kommen, da ich hinsichtlich Olympia absolut unter Zeitdruck stand. Der zweite Dämpfer Ende letzten Jahres mit dem Bruch am linken Fuß hatte mich dann erneut gestoppt. Und auch diesmal bin ich viel zu früh an meine Grenzen gegangen.“

Der Traum von Olympia, die Teilnahme an den vierten Olympischen Spielen, zerplatzte im Juni dieses Jahres. Ein Sportarzt in Stuttgart hatte die Diagnose gestellt: „Vorstufe zum Ermüdungsbruch im rechten Becken!“ Für Sabrina Mockenhaupt bedeutete die Hiobsbotschaft: Sechs Wochen absolute Ruhe, kein Sport, keinerlei Belastung. Somit Absage der Leichtathletik-EM in Amsterdam und damit verbunden die Absage der Olympischen Spiele in Rio, für die sie noch keine Qualifikation hatte. Und wieder folgte eine Ruhepause, bis Ende Oktober hatten ihr die Ärzte und Physiotherapeuten ein Laufverbot erteilt. Deshalb hatte sie auch, entgegen ihrer festen persönlichen Zusage, beim HTS-Volksbank-Tunnellauf in Niederschelden nicht an den Start gehen können. „Es geht noch nicht“, hatte sie wenige Tage vor dem Tunnellauf am 22. Oktober mitgeteilt, „es tut mir leid, aber der Lauf kommt leider zwei, drei Wochen zu früh!“

Jetzt kommt mit dem Wechsel zum LT Haspa Marathon Hamburg nochmal der Fokus auf einen „Neuanfang“: „Für mich ist das eine neue Motivation, deutsche Mannschaftsrekorde zu laufen“, erklärte „Mocki“ gestern in einem langen Gespräch auf der Fahrt ins Siegerland. Ihr nächstes große Ziel ist die Heim-EM in Berlin 2018. Die kommende Saison will sie nach zwei Jahren mit Verletzungssorgen wieder als Aufbaujahr nutzen. „Ich hatte zu allem Übel auch noch eine Nierenbeckenentzündung und ich trainiere jetzt erst seit drei Wochen wieder. Ich sehe die nächsten Monate jetzt ganz entspannt. Ich mache mir keinen Druck und versuche unnötigen Terminstress zu vermeiden. Heute, bei so einer langen Reise nach Hamburg zur Pressekonferenz, da habe ich den Tag als Ruhetag abgehakt. Früher wäre ich im Sechseck gesprungen und hätte noch irgendwie 8 Kilometer Training reingequetscht. So etwas mache ich jetzt nicht mehr.“

Hamburg-Marathon hat im Hause Mockenhaupt Familientradition

Laufteam Haspa Marathon Hamburg – da liegt der Schluss nahe, Sabrina Mockenhaupt zu einem Start beim Hamburg-Marathon zu verpflichten. „Nein, nein, wirklich nicht. Da besteht keinerlei Verpflichtung für mich. 2017 wäre im Frühjahr sowieso zu früh, da plane ich mit einem Halbmarathon. Wenn alles passt und ich jetzt schmerzfrei und verletzungsfrei durchkomme, dann wäre der Marathon in Hamburg 2018 eine Option. Mal seh’n, Hamburg wäre natürlich schön, da nochmal anzugreifen…“, sagt „Mocki“ mit einem Lachen, „…Papa glaubt eh nicht mehr dran, dass ich seinen Rekord noch packe.“  Der Hamburg-Marathon ist seit jeher ein gutes Pflaster für die Lauffamilie Mockenhaupt:  Den Familienrekord, den hatte Vater Alfred vor vielen Jahren ebenfalls in Hamburg mit 2:24:59 Stunden aufgestellt. Mutter Hildegard (Marathonbestzeit 2:40:41 Stunden) ist in der Hansestadt bei Hitze einmal als Drittschnellste in 2:42 Stunden ins Ziel gekommen und Sabrinas Zwillingsbruder Markus hat 2013 in Hamburg seine Bestzeit auf 2:32 Stunden geschraubt.

Auf der 42,195 Kilometer langen Marathon-Distanz sieht Sabrina Mockenhaupt denn auch noch größten Verbesserungsmöglichkeiten. „Meine Zeiten über 5.000 Meter, oder auch meine 31:14 Minuten über 10.000 Meter, da werde ich wohl nie mehr rankommen. Aber im Marathon habe ich noch nicht gezeigt, was ich kann.  Wenn ich die nächsten zwei Jahre gut durchkomme, dann ist eine Verbesserung im Marathon noch drin.“ Ihre Bestzeit steht bei 2:26:21 Stunden, gelaufen in Berlin 2010 bei Dauerregen. Ob letztlich auch noch die Olympischen Spiele 2020 in Tokio eine Option sind, das ist noch Zukunftsmusik.

Bis dahin geht es für Sabrina Mockenhaupt jetzt erst mal mit kleinen Schritten voran. In zehn Tagen feiert sie ihren 36. Geburtstag. Den feiert sie aber ausnahmsweise nicht im Siegerland, oder aber beim Lieblingsitaliener in Köln, nein, Mocki plant ihren ersten kleinen Wettkampf am 6. Dezember beim Nikolauslauf in Tübingen. „Da wollte ich eigentlich schon immer mal hin.“

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