Mörfelden-Walldorf. Bei Hitze ist er in seinem Element. Das Wittgensteiner Laufwunder Werner Stöcker hat bei den Deutschen Meisterschaften der Deutschen Ultra-Marathon-Vereinigung (DUV) im 6-Stunden-Lauf in Mörfelden-Walldorf eine Strecke von über 52 Kilometer zurückgelegt und damit einen neuen Deutschen Rekord für die Altersklasse der M85 aufgestellt – und das bei Temperaturen von bis zu 28 Grad im Schatten!
Für Werner Stöcker ist das Laufen Lebenselixier
Keine Strecke zu weit, kein Laufwettbewerb zu lang. Längst begnügt er sich nicht mehr mit einem Marathon, läuft lieber 50 Kilometer, sogar 100 Kilometer und nimmt an Läufen über 6, 12 oder gar 24 Stunden teil. Für den Ausnahmesportler Werner Stöcker aus Erndtebrück ist das Laufen Jungbrunnen und Lebenselexier zugleich. Vor genau 70 Jahren hat er mit dem Laufen begonnen – jetzt ist er 84 Jahre „jung“ und zeigt auf den „langen Kanten“ immer noch vielen halb so alten Sportlern die Hacken. Dem Weltmeister über 100 Kilometer in der Klasse der M80 scheint das Alter nichts anhaben zu können.
Mit 84 Jahren in sechs Stunden über 52 Kilometer bei 28 Grad
Und so läuft er von einem Seniorenrekord zum nächsten. Er hält die Deutschen Rekorde in der Altersklasse M80 über 6, 12 und 24 Stunden sowie über 50 und 100 Kilometer. Am vergangenen Sonntag hat er es wieder getan. Bei den Deutschen Meisterschaften der Deutschen Ultra-Marathon-Vereinigung (DUV) im 6-Stunden-Lauf in Mörfelden-Walldorf lief Werner Stöcker exakt 52,278 Kilometer weit, gewann die Altersklasse M85 und stellte damit einen Deutschen Rekord für die M85 auf – und das bei in der Spitze 28 Grad (!) Hitze. „Das war wieder genau mein Wetter, je wärmer, je lieber. Während viele junge Burschen über die Hitze geklagt haben, fühle ich mich bei so einem Wetter pudelwohl,“ erzählt das Laufwunder aus Erndtebrück im Interview und ergänzt lachend, „die 40- und 50-Jährigen konnten mit schweren Beinen nur gestützt aufs Siegerpodest klettern, ich fühlte mich nicht müde, ich hatte nix und konnte aufs Treppchen springen.“
Stöcker hat auch die Bestmarke in der M80
Wie immer konnte sich Werner Stöcker auf die Unterstützung seiner Ehefrau Ingeborg am Streckenrand verlassen. „Ich habe oft Probleme mit dem Magen, deshalb trinke ich nur schwarzen Tee und vielleicht ein, zwei Reiswaffeln.“ Und es lief gut für den Senior auf der 2840 Meter langen Runde, die jedes Mal durch den Mörfeldener Wald und zum Abschluss wieder durchs Stadion führte. Die Marathonmarke hatte er nach 4:41 Stunden passiert, insgesamt lief er einen Durchschnitt von 6:36 Minuten pro Kilometer und als die sechs Stunden abgelaufen waren hatte Stöcker nach dem Deutschen M85-Rekord über 50 Kilometer im Januar in Rodgau (5:23:23 Std.) auch die nationale Bestmarke im 6-Stunden-Lauf aufgestellt. Mörfelden war für Stöcker schon vor fünf Jahren ein gutes Pflaster. 2019 war er auf gleicher Strecke 58,661 Kilometer weit gekommen und hatte damit eine neue Weltbestzeit in der M80 aufgestellt.
Stöcker noch „zu jung“ für einen M85-Weltrekord
Jetzt, fünf Jahre älter, sind Stöckers 52,278 Kilometer wieder eine neue Weltbestzeit in der M85. Als „Weltrekord“ gilt seine Leistung jedoch nicht, denn dafür ist er noch ein paar Monate zu jung, feiert er doch erst im November seinen 85. Geburtstag. Denn während national das Geburtsjahr maßgeblich für die Einstufung in die jeweilige Altersklasse ist, gilt international das tatsächliche Lebensalter am Wettkampftag und da war der Erndtebrück eben noch 84 Jahre alt. Die Weltbestzeit im 6-Stunden-Lauf in der Seniorenklasse M85 hält der Luxemburger Josef Mathias Simon mit 48,558 Kilometer (2028) – Stöcker war in Mörfelden also fast vier Kilometer weiter gelaufen. „Ach, dann laufe ich den Rekord eben im nächsten Jahr wenn ich 85 bin. Dann kann ich mir ja ein bisschen Zeit nehmen beim“, scherzt der Wittgensteiner beim Blick auf die Bestmarke.
Frank Merrbach gewinnt – Hansel und Sting gut unterwegs
Bei den Deutschen Meisterschaften im 6-Stunden-Lauf in Mörfelden feierten noch weitere Ultraläufer aus der Region Erfolge. Nach seinem Deutschen Meistertitel 2018 über 50 Kilometer gewann Frank Merrbach auch in Mörfelden überraschend den DM-Titel im 6-Stunden-Lauf in 81,404 Kilometer. Der Ultraläufer, der für die LG Nord Berlin startet und in Niederdresselndorf wohnt, tritt im heimischen Raum nur selten in Erscheinung. Der Thüringer siegte beim CVJM-Silvesterlauf an der Obernau 2022 und wurde jeweils Zweiter 2021 und 2023. Eine starke Leistung zeigten auch die Wilnsdorfer Ultra-Spezialisten Martin Hansel (TuS Deuz) und Sebastian Sting (ASC Weißbachtal), die den 6-Stunden-Lauf gemeinsam Seite an Seite liefen. Hansel, der sich im Mai 2022 über diese Distanz den DM-Vize-Titel in der M55 erkämpft hatte, lief jetzt in 60,963 Kilometer auf den 5. Platz in der Altersklasse M60. Sebastian Sting, der nicht für die DM-Wertung gemeldet war, belegte mit der selben Distanz den 5. Platz in der offenen Klasse M40, in der DM-Wertung hätte er allerdings den gleichen Rang belegt.