Bad Liebenzell. Bad Liebenzell an der Nagold war wieder einmal ein gutes Pflaster für die heimischen Langstreckenläufer. Bei den Deutschen Straßenlauf-Meisterschaften über 10 Kilometer überraschte die 36-jährige Sabrina Mockenhaupt vom LT Haspa Marathon Hamburg die junge Konkurrenz mit einer starken Vorstellung in 33:36 Minuten und dem Gewinn ihres 45. Deutschen Meistertitels. Schnellster Siegerländer war jedoch Triathlet Jonas Hoffmann von der LG Kindelsberg Kreuztal, der in 30:32 Minuten Vierter in der Klasse U23 wurde. Titel und Bestleistungen gab es jedoch auch für die Straßenläufer der SG Wenden und des TuS Deuz.
Bestes Läuferwetter bei Sonnenschein aber kühlen Temperaturen, dazu eine wunderschöne Strecke rechts und links entlang der Nagold mit einem 2,5 Kilometer langen Rundkurs, den die Läuferinnen und Läufer viermal absolvieren mussten, das waren die Rahmenbedingungen bei den Deutschen Meisterschaften im 10-Kilometer-Straßenlauf in Bad Liebenzell. Im Frauen-Rennen hatte die Konkurrenz die „Altmeisterin“ und Abonnementssiegerin der letzten Jahre Sabrina Mockenhaupt eigentlich nicht wirklich auf dem Schirm. Nur wenige Wochen nach zwei Operationen, bei denen ein Abszess im Gesäß entfernt werden musste, glaubten wohl nur wenige in der Laufszene, dass die erfolgreichste Deutsche Langstrecklerin bereits wieder ganz vorne würde mitmischen können. Umso erstaunlicher war ihr Kraft- und Willensakt mit überraschendem Ausgang.
Sabrina Mockenhaupt: „Ich habe mich selbst überrascht!“
„Totegesagte leben länger“, lachte Sabrina Mockenhaupt, „mein 45. Titel ist ein sehr geiler Titel, der sehr hart war.“ Zweieinhalb Kilometer vor dem Ziel sah es noch nicht nach einem Sieg aus, da waren die Regensburgerin Corinna Harrer und die spätere Zweitplatzierte Anna Hahner (run2sky.com) an Mocki vorbeigezogen. In diesem Moment hatte die kleine Siegerländerin noch gedacht: „Diesmal schaffe ich es wohl nicht ganz nach vorne. Ich hatte mir nur eine 34 Minuten tief zugetraut, dann waren wir zu Dritt und nach der ganzen Misere in den letzten zwei Monaten hatte ich mich schon mit Platz drei angefreundet.“ Doch dann hatte sich „Mocki“ auf dem letzten Kilometer nochmal richtig durchgebissen und ihre Kontrahentinnen aufgrund ihrer höheren Grundschnelligkeit abgeschüttelt. Ihr Sieg in 33:36 Minuten, nach zwei Monaten Wettkampfpause und nur vier Wochen Vorbereitungszeit war auch für sie selbst eine große Überraschung. Nach dem Rennen sagte Sabrina Mockenhaupt: „Damit habe ich nicht gerechnet. Ich habe mich heute selbst überrascht. Anna Hahner hatte mich vor einem Monat gefragt, ob ich noch brenne? Jaaaa, und wie ich brenne!“
„Mocki“ plant mit Frühjahrsmarathon in Houston oder Tokio
Jetzt geht es für „Mocki“ erst einmal für ein paar Tage mit ihren Eltern Hildegard und Fred Mockenhaupt an den Tegernsee. Lange Radtouren und lange Dauerläufe stehen da auf dem Programm. Als nächster Wettkampf ist der Start beim Halbmarathon in Köln geplant, es folgt ihr Jahresurlaub auf Mauritius, anschließend ein Trainingslager mit dem DLV. Der erste große Höhepunkt des Jahres 2018 soll dann bei einem Frühjahrsmarathon folgen, entweder im Januar in Houston oder im Februar in Tokio will die dann 37-Jährige ihr Comeback auf der Marathonstrecke feiern und die Qualifikation für die Europameisterschaft in Berlin knacken.
Jonas Hoffmann mit forschem Anfangstempo
Neben „Mocki“ freuten sich auch noch weitere Sieger- und Sauerländer über ihre Erfolge bei der Straßenlauf-DM. Allen voran Jonas Hoffmann aus Hilchenbach-Hadem. Bei der 5-Kilometer-Marke, die er in 14:50 Minuten passierte, sah es noch nach einem neuen Siegerlandrekord im 10-Kilometer-Straßenlauf aus. Den hatte im Jahre 2015 der Eritreer Yohannes Hailu Atey im Trikot des TuS Deuz mit der Zeit von 30:29 Minuten aufgestellt. Doch Hoffmann musste dann doch etwas dem hohen Anfangstempo Tribut zollen, lief in neuer persönlicher Bestzeit von 30:31 Minuten ins Ziel. Damit verpasste er die neue Rekordmarke nur um ganze zwei Sekunden. Der Hademer kam auf dem 19. Platz in der Gesamtwertung ins Ziel und war damit viertbester U-23-Läufer. Jonas Hoffmann erklärte nach dem Rennen: „Mit neuer Bestzeit muss ich mit dem Rennen zufrieden sein, auch wenn ich weiß, dass bei besserer Renneinteilung mehr drin ist. Ich freue mich jetzt schon auf das Bundesligafinale auf Rügen am nächsten Samstag mit dem Exot-Team Buschhütten.“
Stefan Groß mit Comeback in der Mastersklasse
Auch für die Rothemden der SG Wenden war Bad Liebenzell – wo in der Vergangenheit bereits etliche Meisterschaften ausgetragen wurden – wieder ein gutes Pflaster. Der Dielfener Stefan Groß, der vor vier Jahren noch für den TuS Deuz gestartet war und nun seit drei Jahren das Trikot der SG Wenden trägt, wurde in starken 31:59 Minuten als schnellster M40-Läufer Deutscher Meister in seiner Altersklasse. Schon mehrfach hatte laufen57.de an dieser Stelle an seine früheren Erfolge erinnert: Stefan Groß war in früheren Jahren ein Läufer der erweiterten deutschen Spitzenklasse. Sein erfolgreichstes Jahr hatte der groß gewachsene Läufer im Jahr 2002: Im Trikot der LG Bonn Troisdorf lief er die 5000 Meter in 13:55 Minuten, seinen besten Marathon absolvierte er ebenfalls im Jahre 2002, als er bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin in der Zeit von 2:21:29 Stunden Fünfter wurde. Über 10.000 Meter steht seine Bestzeit bei 29:37 Minuten. Jetzt, 15 Jahre später, feiert der lange Schlaks so etwas wie ein Comeback als Seniorenläufer in der Mastersklasse.
Jörg Heiner und Christl Dörschel mit schnellen Zeiten
Sein Vereinskamerad Jörg Heiner schrammte in der gleichen Altersklasse nur haarscharf an einem Platz auf dem Podium vorbei. Er lief in 32:49 auf den undankbaren 4. Platz in seiner Klasse, nur zwölf Sekunden trennten ihn von Edelmetall. Das Trio der SG Wenden komplettierte Thomas Schönauer mit neuer persönlicher Bestzeit von 35:58 min. (15. M40) – leider verpassten die Wendener dennoch den Gewinn des Mannschaftstitels um 20 Sekunden. Als „Ersatzläufer“ im Team lief auch Mark Fekadu zu einer neuen persönliche Bestzeit von 38:14 (25. Platz). Mit einer äußerst starken Leistung präsentierte sich erneut die Wenderin Christl Dörschel. Die 41-Jährige, die ihre Bestzeit über 10 Kilometer erst vor vier Jahren mit der Zeit von 34:35 Minuten aufgestellt hatte, erkämpfte sich im Nordschwarzwald in 36:29 Minuten die Silbermedaille in der Altersklasse W40. Die 28-jährige Sandra Clemens, die jüngste DM-Teilnehmerin der SGW, überquerte die Ziellinie nach 39:18 Minuten in neuer persönlicher Bestzeit.
Deuzer Rainer Müller holt überraschend die Silbermedaille
Nicht minder erfolgreich waren die Langstreckler des TuS Deuz. Seit Wochen in herausragender Form präsentiert sich Rainer Müller. Hinter Klaus Goldammer aus Berlin gewann Müller nach einem beherzten Tempolauf in der Klassezeit von 40:04 Minuten (Nettozeit: 39:58 min.) überraschend die Silbermedaille in der Altersklasse M65. Überglücklich zeigte sich Rainer Müller nach dem Zieleinlauf: „Ich kann es noch gar nicht fassen und werde die Medaille heute mit ins Bett nehmen.“ Zusammen mit seinen Vereinskollegen Günter Bieler (41:01/Nettozeit 40:55/16. M60) und „Altmeister“ Karl Steiner (44:11/Nettozeit 44:05/29. M60) landete der TuS Deuz mit 2:04:58 Stunden auf dem 5. Platz in der Mannschaftswertung der mit zehn Teams stark besetzten Wertungsklasse M60-M90. Ebenfalls am Start war der Deuzer Stefan Brockfeld, der sich allerdings in diesem Jahr keine realistischen Medaillenchancen ausgerechnet hatte. Mit 35:54 Minuten (netto: 35:52) platzierte sich „Brocki“ als Achter aber erneut im Vorderfeld seiner Altersklasse M 50.
Tina Schneider erstmals unter 36 Minuten
Einen Galaauftritt legte das Deuzer Aushängeschild Tina Schneider bei den Frauen hin und machte sich damit einen Tag nach ihrem Geburtstag selbst das schönste Geschenk. Die 27-Jährige konnte sich erneut deutlich steigern und knackte nun sogar erstmals die 36-Minuten-Grenze. Mit 35:57 Minuten (Nettozeit 35:55) steigerte sie ihre Bestzeit aus dem vergangenen Jahr in Leverkusen um satte 24 Sekunden und belegte im Elitefeld der Frauen den 22. Platz. Damit ließ Tina Schneider etliche arrivierte Läuferinnen wie zum Beispiel Maren Orth hinter sich. Gute Schrittmacherdienste leistete hierbei Vereinskamerad Stefan Brockfeld, der die letzten beiden Kilometer zusammen mit seiner Vereinskameradin lief, die „Brocki“ bei Kilometer 8 eingeholt hatte.
Ehemalige Kindelsbergerin Lisa Heimann knackt 35-Minuten-Marke
Am Start war im Nagoldtal auch die ehemalige Mittelstrecklerin der LG Kindelsberg Kreuztal, Lisa Heimann, die inzwischen für LAZ Puma Rhein-Sieg die Schuhe schnürt. Sie belegte in 34:57 Minuten den 13. Rang und verpasste ihre Bestleistung (aufgestellt bei der Adidas Runners CityNight 2017 in Berlin) nur um eine Sekunde. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Christian Schreiner (ebenfalls LAZ Puma Rhein-Sieg), der in 30:33 Minuten auf den 20. Gesamtplatz kam, stellten die beiden wohl das schnellste Läuferpärchen bei der DM. Zur Silbermedaille lief zudem die für den LC Eschenburg startende Fischelbacherin Conny Wagener in der Klasse W60. Bei der Wittgensteinerin blieben die Uhren bei 43:13 Minuten stehen.
Ergebnisse
Männer
U23: … 4. Jonas Hoffmann (LG Kindelsberg Kreuztal) 30:32 Minuten.
M40: 1. Stefan Groß 32:05; … 4. Jörg Heiner 32:53; … 15. Thomas Schönauer 36:03; … 25. Mark Fekadu (alle SG Wenden) 38:21.
M50: … 8. Stefan Brockfeld 35:54.
M60: … 16. Günter Bieler 41:01; … 29. Karl Steiner 44:11.
M65: … 2. Rainer Müller (alle TuS Deuz) 40:04.
Frauen
Gesamtwertung: 1. Sabrina Mockenhaupt (Wilnsdorf-Obersdorf/Lauf-Team Haspa Marathon Hamburg) 33:36; … 22. Tina Schneider (TuS Deuz) 35:57; … 84. Sandra Clemens (SG Wenden) 39:24.
W40: … 2. Christl Dörschel (SG Wenden) 36:31.
W60: … 2. Conny Wagener (LC Eschenburg) 43:13.
Mannschaftswertungen
Männer
M40/45: … 2. SG Wenden (Stefan Groß, Jörg Heiner, Thomas Schönauer) 1:40:46 Stunden.
M60-90: … 5. TuS Deuz (Rainer Müller, Günter Bieler, Karl Steiner) 2:04:58.