Siegerländer AOK-Firmenlauf: „Matzes“ letztes Match

Der 21. Siegerländer AOK-Firmenlauf 2024 war wieder ein großer Laufsporttag – ein Betriebsausflug im XXL-Format mit insgesamt 8.500 Startern.

SIEGEN. Schlussakkord für den Macher des größten Breitensportevents in Südwestfalen: Bei toller Stimmung und nur ein wenig Nieselregen feierten 8.500 begeisterte Starter beim 21. Siegerländer AOK-Firmenlauf mit Start und Ziel auf dem Bismarckplatz den Abschied vom langjährigen Organisator Martin Hoffmann.

Der 21. Siegerländer AOK-Firmenlauf 2024 war ein großer Laufsporttag mit insgesamt 8.500 Startern. „Matze“ macht noch ein paar klare Ansagen vor dem Start. ©Foto: Frank Steinseifer

Der Mann der eher leisen Töne, dem Dankesreden auf seine Person auf den Zeiger gehen, wollte eigentlich lieber leise Abschied nehmen, von seinem Firmenlauf, den er 2004 initiiert und dann über 20 Jahre hinweg immer neu erfunden und groß und größer gemacht hat. So groß, dass er zu den größten eigenständigen Firmenläufen Deutschlands gehört und doch seinen überaus familiären und persönlichen Charakter behalten hat. Doch aus dem leisen „Tschüß, ich bin dann mal weg!“ wurde nichts. Am Ende seines letzten großen Laufsporttages, der wieder mit dem Siegerländer Volksbank-Schülerlauf begann und mit der 21. Auflage des Siegerländer AOK-Firmenlaufs endete, gab es viel Händeschütteln, Schulterklopfen, Danksagungen, das ein oder andere Tränchen, ein kleines Abschlussfeuerwerk und sogar noch eine „Krönung“ von Bürgermeister Steffen Mues.

Persönliche Verbindung seit einem halben Jahrhundert

Hier auf meinem Laufportal Laufen57 habe ich aus journalistischer Sorgfalt heraus nie die „Ich-Form“ bei Texten und Berichten gewählt, die Blogger oft benutzen, um sprachliche Nähe zur Leserschaft zu erzeugen. Heute mache ich mal eine Ausnahme und weiche bewusst vom Etos ab, denn die persönliche Bande zu Martin Hoffmann, den ich nur als „Matze“ kenne, besteht schon so lange, der Kontakt geht weit über das Verhältnis von Journalist zu Sportveranstalter hinaus. „Matze“ und ich kennen uns schon seit einem halben Jahrhundert. Die Wurzeln liegen Mitte der 70er Jahre in der gemeinsamen Zeit beim TV Niederschelden. Über viele Wettkämpfe, Trainingslager und gemeinsame Laufeinheiten könnte ich hier berichten, oder über ein gemeinsames Buch über den Siegerländer Laufsport, den Ratgeber über Siegens schönste Laufstrecken – beides längst vergriffen…

Echtes Highlight: HTS-Volksbank-Tunnellauf 2016

Riesengroß war das Teilnehmerfeld beim HTS-Volksbank-Tunnellauf über 10 Kilometer. Hier waren allein rund 450 Läuferinnen und Läufer am Start.

Aber ich beschränke mich hier auf gemeinsame Laufsport-Projekte die wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Dazu gehört sicherlich die Beleuchtung der Sieg-Arena, oder aber die gemeinsame Idee zur Organisation des HTS-Volksbank-Tunnellaufs 2016 in Niederschelden, kurz vor der Eröffnung des HTS-Lückenschlusses an der Nahtstelle zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Ein Lauf, von dem viele sagen, er sei einer der schönsten und außergewöhnlichsten in der Region gewesen. Es gäbe hier noch vieles aufzulisten, was uns in den letzten Jahrzehnten verbunden hat – aber das würde an dieser Stelle zu weit führen. Und deshalb zurück zum Firmenlauf in Siegen.

Firmenlaufzeitung als gelungener Coup

Am Mittwoch hing auf dem Bismarckplatz ein großes Plakat vom 1. Firmenlauf am 9. Juli 2004. Darauf ein Foto, auf dem ich zusammen mit einigen anderen Läufern am Bahnhof ziemlich durchnässt um die Kurve biege. Damals noch verantwortlicher Sportredakteur bei der WESTFÄLISCHEN RUNDSCHAU in Siegen, waren wir mit der WR auch mit einem Team am Start. Schon in dieser Zeit hatten „Matze“ und ich die Idee einer großen Laufzeitung wie bei einem Stadtmarathon, damit sich jeder mit seiner Startnummer wiederfinden kann – und die Zuschauer am Streckenrand die Läufer auch mit Namen rufen und anfeuern können. Über viele Jahre hinweg habe ich diese Laufzeitung – auch gegen Widerstände in der Redaktion und im Verlag – mit viel Zeitaufwand erstellt, seit einigen Jahren wird die Ausgabe nun von der Siegener Zeitung zusammengestellt und gedruckt.

Firmenlauf-Premiere stand kurz vor dem Abbruch

Am Mittwoch wurden beim Anblick des lebensgroßen Plakates die Erinnerungen wieder wach an diesen ersten Firmenlauf. Es regnete wie aus Eimern, bei 9 Grad war von Sommer nichts zu spüren, die Stromversorgung brach zusammen und der Lauf mit 2.000 Teilnehmern stand kurz vor dem Abbruch. Nach einer weitgehend schlaflosen Nacht war „Matze“ eigentlich der festen Überzeugung: Das war’s dann mit dem Firmenlauf. Er tanzte nur an einem Tag. Was „Matze“ nicht ahnte, war die Begeisterung für diesen neuen Lauf, denn bereits am nächsten Tag schlug der Frust über das Siegerländer Wetter bei vielen in Begeisterung um. Es war der Start einer Erfolgsgeschichte, denn nur wenige Jahre später bekam der Firmenlauf bereits das Lob, ein „Leuchtturm“ für die Stadt Siegen, für den Kreis Siegen-Wittgenstein und für viele Firmen in der Region zu sein. Bürgermeister Steffen Mues schwärmte schon früh: „Wenn es den Firmenlauf nicht geben würde, dann müsste man ihn erfinden!“

Das Wettkampflaufen längst drangegeben

Fast auf den Tag genau 20 Jahre später – Matze und ich haben das Wettkampflaufen längst an den Nagel gehängt – „Matze“ als erfolgreicher Laufsportveranstalter und ich schon seit Jahren statt mit Laufschuhen an den Füßen mit Mikro für die Moderation und mit der Kamera in der Hand beim Firmenlauf im Einsatz, ahnten wir beide nichts Gutes von oben. Die Wettervorhersagen hatten eine Gewitterfront mit viel Regen und maximal 12 Grad angekündigt wurde. Deine Befürchtung: „Hoffentlich wird das zum letzten Lauf von mir nicht das gleiche Wetter wie beim ersten Firmenlauf.“

Kein Wetterchaos wie 2004

Doch wie schon so oft bei Draußenveranstaltungen hatte „Matze“ einen guten Draht nach oben und es blieb weitgehend trocken. Am Morgen beim Schülerlauf war bestes Wetter und die Kids strahlten mit der Sonne um die Wette, und am Abend beim Firmenlauf hatten nur die langsameren Läuferinnen und Läufer über einer Stunde für die 5,5 Kilometer Pech und wurden etwas nass. Für die eher ungeübten unter den Firmenläufern bestes Laufwetter, denn bei großer Hitze hat „Matze“ stets die Luft angehalten, drohen vielen Teilnehmern dann doch eher Kreislaufprobleme. Also keine Neuauflage des Chaos vom 9. Juli 2004…

Bertram Müller und Petra Gahr gaben Startschuss ohne Schuss

Der 21. Siegerländer AOK-Firmenlauf 2024 war ein großer Laufsporttag mit insgesamt 8.500 Startern. Betram Müller und Petra Gahr gaben Startschuss ohne Startschuss. ©Foto: Frank Steinseifer

Um 19.20 Uhr übernahm dann wieder das Team von N-Flow aus Netphen das Kommando mit einem Aufwärmprogramm: „Put your Hands up in the Air.“ In die Luft aufsteigende Seifenblasen sorgten für Summerfeeling und die Menge von 8.500 Läuferinnen und Läufer kamen so richtig in Partystimmung. Nach einem tosenden Applaus für „Matze“ den scheidenden „Macher“, passte der Song „The final Countdown“ wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Nach der Ehrung der Multiplikatoren des Jahres 2024, mit Pia Irle (Stadtverwaltung Siegen) und Arnd Dickel (DRK Kinderklinik) erfolgte kurz darauf der Startschuss – oder besser gesagt der Countdown, denn wie schon im Vorjahr hatte „Matze“ in Absprache mit dem Hauptsponsor AOK NordWest auf einen Schuss aus einer Startpistole verzichtet. Es passe irgendwie nicht in die Zeit von Krieg und Terror und zudem könnten auch Flüchtlinge, die sich auch unter den Teilnehmern befinden, aufgeschreckt werden. Das „Go“ gaben in diesem Jahr Bertram Müller (im Premierenjahr 2004 Regionaldirektor der AOK und zusammen mit Jochen Groos einer der maßgeblichen Unterstützer des Firmenlaufs) und Petra Gahr (langjährige Multiplikatorin der Marien Gesellschaft) zwei Firmenlauf-Wegbereiter. Unter einem bunten Konfettiregen setzte sich das große Teilnehmerfeld in Bewegung, auch diesmal dauerte es über zehn Minuten bis sich die letzten gemütlichen Läufer und verkleideten Gruppen über die Startlinie in Richtung Tiergartenstraße und Siegener Innenstadt in Bewegung gesetzt hatten.

Außergewöhnliche Team-Präsentationen

Harte Arbeit für die Jury (von links): Oliver Thiele, Dirk Schneider, Patricia Langer und Jens Brinkmann. ©Foto: Frank Steinseifer

Und natürlich gingen auch in diesem Jahr wieder viele bunt kostümiert auf die Strecke und die Zuschauer am Streckenrand hatten viel zu Sehen, zu Staunen und zu Lachen. Der beste Teamauftritt um den Preis der Volksbank ist Jahr für Jahr sehr beliebt und auch diesmal hatten viele Firmengruppen ihrer Kreativität freien Lauf gelassen. So präsentierten sich die „Ginsburgstürmer“ der Stadt Hilchenbach, seit Jahren ein echter Dauer(b)renner im Wettbewerb, wieder mit einem außergewöhnlichen Teamauftritt. Sie präsentierten sich in fröhlicher Kirmeslaune, als Autoscooter, Kettenkarussell und mit Zuckerwatte und belegten damit den dritten Platz. Die Jury der Volksbank würdigte auch den Auftritt  von Intensomed Intensivpflege mit dem zweiten Preis – der erste Platz, da war man sich nach den Beratungen sicher, musste an die chirurgische Ambulanz der DRK-Kinderklinik gehen, die im Laufschritt eine OP „to go“ mit einer täuschend echten Blindarm-Operation durchführten. Vorgestellt hatten sich auch „Darth Vader“, Figuren aus Game of Thrones und die Hübbelbummler.

Löschzug SiSa mit „hartem Stoff“ für den Ernstfall

Löschzug SiSa mit „hartem Stoff“ für den Ernstfall. Auch sagten Danke für 21 Jahre Firmenlauf. ©Foto: Frank Steinseifer

Ein echter Hingucker war auch in diesem Jahr wieder der Löschzug SiSa, für Siegerland/Sauerland, der im Notfallkoffer „harten Stoff“ für den Ernstfall parat hatte. Für die originellsten Teamshirts wurden das Architektur- & Ingenieurbüro Kplan aus Siegen (1. Preis), die DRK-Kinderklinik (2. Preis) und der AWo Kreisverband Siegen-Wittgenstein (3. Preis) ausgezeichnet. Über die Podestplätze im Wettbewerb um den originellsten Teamnamen dürfen sich der Wasserverband Siegen-Wittgenstein (Uns kann keiner das Wasser reichen), die Stadt Freudenberg (Die Rathausschnecken aus dem Flecken) und die Siegener Zeitung (Sprint für Print) freuen. Die teilnehmerstärkste Firma war die Universität Siegen mit 311 Meldungen.

„Michaela“ alias Marco Giese war der Schnellste

Marco Giese aus Olpe ist der Erste im Ziel und klatscht das AOK-Maskottchen „Jolinchen“ ab. ©Foto: Frank Steinseifer
Große Abschluss-Siegerehrung beim 21. Siegerländer AOK-Firmenlauf 2024. ©Foto: Frank Steinseifer

Gemeinsamen Laufspaß hatten viele am Mittwochabend – die gemütlichen, aber auch die schnellen Läufer, denn selbst die rennen selten vor so einer großen Zuschauerkulisse. Eigentlich hatte man den Vorjahressieger Jonas Hoffmann auch diesmal für den Gesamtsieg in der Absolut Run Firmenlaufmeisterschaft auf dem Zettel gehabt, doch der reihte sich ein ins Team vom Absolute Run Ausdauer und ließ nicht das „letzte Hemd“ auf der Strecke. Als erster lief dann „Michaela“ mit der Startnummer 6306 über die Ziellinie auf dem Bismarckplatz. Doch als Kenner der heimischen Laufszene habe ich dann sofort den schnellen Marco Giese aus Olpe, als Leichtathlet sonst im Trikot der SG Wenden und diesmal für den Sponsor Sauerlandfrische Dornseifer unterwegs, erkannt und den Zuschauern übers Mikro verkündet. Marco Giese, der lediglich den freien Platz und die freie Startnummer einer Teamkollegin übernommen hatte, lief die 5,5 Kilometer in guten 17:48 Minuten. Auf den weiteren Plätzen folgten Markus Mockenhaupt (Römer GmbH/18:13 min.) und Silas Becker (Isabellenhütte Heusler GmbH/18:40 min.). Auch die schnellste Frau kam mit Judith Hacker (20:40 Minuten) von der SG Wenden und aus dem Hause Sauerlandfrische Dornseifer. Auf die Plätze 2 und 3 liefen die Niederscheldenerin Kathi Schäfers (Wasserverband Siegen-Wittgenstein/20:55 min.) und die Wilnsdorferin Sonja Kölsch (AMOVA GmbH/21:42 min.).

Angela Merkel hat es – und Martin Hoffmann hat es jetzt auch

Bürgermeister Steffen Mues überreicht „Matze“ das „Goldene Krönchen“ der Stadt Siegen. ©Foto: Frank Steinseifer

Am Abend hatte „Matze“ sein letztes Match dann erfolgreich beendet – und man konnte ihm die große Erleichterung, dass fast alles wieder reibungslos gelaufen war und es auch im 21. Jahr keinen ernsthaften Zwischenfall gegeben hatte, durchaus anmerken. Und als er dann dachte, er könne zum Cooldown so langsam mal ein kühles Bier am Rondell genießen, hatte ein Mann noch eine ganz besondere Ehrung als Überraschung. „Pokale hast Du ja genug, aber diesen ganz sicher noch nicht. Und den bekommt auch nicht jeder. Nur so als Beispiel: Angela Merkel hat es und auch Christian Wulf hat es und du hast es jetzt auch,“ gab Bürgermeister Steffen Mues eine kleine Denksportaufgabe – griff hinter sich, um „Matze“ dann im nächsten Augenblick als besondere Ehre das „Goldene Krönchen“ der Stadt Siegen zu überreichen. Mues weiß eben nur zu gut, was er „Matze“ mit dem Schülerlauf, dem Firmenlauf, aber auch mit dem Siegener Women’s Run (der startet am 8. September wieder an der Sieg-Arena) und auch Seven Summits Siegen (am 24. August) im Sinne von bestem Stadtmarketing, zu verdanken hat.

Firmenlauf-Zukunft gesichert: Hellweg-Solution übernimmt

„Seid ihr nächstes Jahr wieder dabei?“ Markus Ritter (links) und Ingo Schaffranka (2.v.l.) und ließen dann bei der „Staffelstab-Übergabe“ am späten Mittwochabend keinen Zweifel daran, dass sie die Erfolgsstory des Firmenlaufs fortsetzen wollen. ©Foto: Frank Steinseifer

Dass die einzigartige Erfolgsstory von Firmenlauf und Schülerlauf im nächsten Jahr weitergehen wird, ist sich „Matze“ sicher: „Ich habe ein gutes Gefühl, diese Entscheidung getroffen zu haben und dass sich alles positiv weiterentwickeln wird.“ Bekanntlich hatte er schon Anfang des Jahres seine Ein-Mann-Agentur :anlauf an die Sportevent-Agentur Hellweg Solution am Möhnesee verkauft – und deren Geschäftsführer Ingo Schaffranka und Mitarbeiter Markus Ritter ließen dann bei der „Staffelstab-Übergabe“ am späten Mittwochabend auch keinen Zweifel daran, dass sie die Erfolgsstory des Firmenlaufs fortsetzen wollen. „Ich bin vom heutigen Tag beeindruckt, ihr macht ja hier in Siegen alles richtig, da brauchen wir gar nicht viel dran zu drehen“, erklärte Schaffranka und Ritter rief lautstark übers Mikro in die Menge auf dem Bismarckplatz, „seid ihr nächstes Jahr wieder dabei?“ und bekam als Feedback ein ebenso lautstarkes „Ja“. 

Feuerwerk zum Abschied

Und dann, als alle Dankesreden gehalten und die Mikrofone aus waren, wurde es nochmal einen Moment emotional. Weil ein großes Feuerwerk im Hinblick auf Sicherheit, Umwelt, Anwohner und Tierwohl erneut abgesagt wurde, gab es dann von Fischer Pyrotechnik ein kurzes aber eindrucksvolles Bühnenfeuerwerk. Und „Matze“ blickte versonnen auf den Bismarckplatz, nahm seine Frau Renate, die vor 25 Jahren :anlauf gegründet hatte, an die Hand und dachte wohl an die vielen schönen Momente in den vergangenen Jahren. Lieber „Matze“, Danke für’s erste, aber wir sind ja noch lange nicht im Ziel, da kommt noch was!

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