Siegen. Was für eine Premiere! Weit über 1000 Frauen hatten sich zum 1. Siegener Women’s Run an der Sieg-Arena angemeldet – im Ziel waren dann letztlich exakt 842. Bestes Wetter, dazu eine ausgelassene und fröhliche Stimmung, viele farbenfrohe Kostüme, Beifall von hunderten Zuschauern – der erste Frauenlauf in der Stadt Siegen war ein Erfolg auf der ganzen Linie. „Liebe Mädels: Heute brauchen wir keine Männer zum Laufen – die dürfen uns aber gerne fotografieren und uns anfeuern“, rief Lauf-Queen Sabrina Mockenhaupt den Läuferinnen von der Bühne aus zu und natürlich bekam sie dafür Applaus.
„Ich weiß nicht,
was ich drauf habe!“
Wer „Mocki“, Deutschlands erfolgreichste Langstreckenläuferin, dreifache Olympia-Teilnehmerin über 10.000 Meter und mittlerweile 45-fache Deutsche Meisterin, kennt, der weiß, dass die gebürtige Wilgersdorferin stets einen flotten Spruch auf den Lippen hat. Natürlich war „Mocki“ dann auf dem flachen Asphaltkurs entlang der Sieg über 6,6 Kilometer – die Piste kennt sie von vielen Trainingsläufen aus dem Effeff – die mit Abstand Schnellste in 24:21 Minuten vor Franziska Espeter vom TV Laasphe in 25:46 Minuten. „Ich weiß gar nicht, was ich heute drauf habe, ich habe in den letzten Wochen kaum trainiert, musste mich um so viele andere Dinge kümmern“, erklärte die Wilnsdorferin noch vor dem Start des Rennens, das ja weniger Wettkampf als vielmehr buntes Happening war. „Zockeln“ über die Strecke und womöglich mit Mutter Hildegard (die hatte die Startnummer 1) – vor Jahren eine der besten Seniorenläuferinnen in Deutschland mit einer Marathon-Bestzeit von 2:40:41 Stunden (1991) – Hand-in-Hand durchs Ziel laufen, das wollte „Mocki“ dann doch nicht. „Tut mir leid, aber so langsam kann ich nicht mehr laufen, dann habe ich anschließend total dicke Beine.“ Sie wollte sich vor heimischem Publikum eben von ihrer besten Seite zeigen. Locker und leichtfüßig lief sie die drei Runden an der Spitze und war dann wenig später im Ziel wieder mit ihrer Mutter vereint. „Ich will ja eigentlich gar keine Wettkämpfe mehr laufen, aber das hier heute hat nochmal richtig Spaß gemacht“, freute sich Hildegard Mockenhaupt im Ziel über die tolle Stimmung an der Strecke. Sabrina und Mutter Hildegard waren dann auch das beste Mutter-Tochter-Duo des Tages.
Frauen laufen anders:
Erlebnisse statt Ergebnisse!
Von der Idee bis zur Umsetzung der großen Veranstaltung war es ein langer Weg. Fast zwei Jahre lang hat ein 9-köpfiges Frauen-Kompetenz-Team an der Veranstaltung gearbeitet und bis ins Detail einer bunt geschmückten Laufstrecke durchorganisiert. Ein Lauf von Frauen für Frauen. Auch „Zugpferd“ Sabrina Mockenhaupt stand nicht als der große Laufstar im Mittelpunkt – die 37-jährige Strahlefrau zeigte vielmehr, wie stark Frauen sein können, was Frauen im Sport und im Leben erreichen können. Ja, auch viele Männer waren an die beliebte Laufstrecke am Stummen Loch gekommen, feuerten Freundinnen, ihre Frauen und Töchter, Nachbarinnen, Arbeitskolleginnen und Mitläuferinnen im Verein lautstark an. Das sogenannte „Starke Geschlecht“ bekam eindrucksvoll vor Augen geführt, dass Frauen eben so ganz anders laufen und Bestzeiten und wöchentliche Trainingskilometer nicht alles sind. Nicht hecheln und hetzen, Spaß haben, sich wohlfühlen, etwas für die Gesundheit und Fitness tun – und das am liebsten mit der besten Freundin an der Seite. Erlebnisse statt Ergebnisse.
Jüngste gerade mal 7 Jahre
– die älteste Teilnehmerin
lief mit 81 Jahren locker mit
Der Lauf war bewusst für alle offen. Ob mit oder ohne körperliche Beeinträchtigung, ob jung, ob alt, ob mit Kinderwagen, Babyjogger, mit Schwimmreifen oder mit Nordic-Walking-Stöcken, oder aber knallbunt verkleidet wie im Karneval – alle Frauen konnten dabei sein. Die jüngste Teilnehmerin war Leni Braach mit gerade mal 7 Jahren, die älteste Marlene Grasmann aus Wilnsdorf mit 81 Jahren. Natürlich gab es auch Frauen, die die 2,2 oder 4,4 oder 6,6 Kilometer möglichst schnellen Schrittes absolvieren wollten (Ergebnisse unten). Für alle Läuferinnen gab es Urkunden und T-Shirts und der Starterbeutel war mit vielen Geschenkartikeln, die Frau so gut gebrauchen kann, gut gefüllt. Für die Besten gab es Pokale, Blumensträuße und sogar eine dicke Torte mit Aufschrift „1. Siegener Women’s Run“. Liebevoll bunt geschmückt hatte das Organisationsteam mit Moderatorin Renate Hoffmann, Petra Gahr, Sally Schnell, Lena Boeck, Ulla Baum, Alexandra Netzer, Annete Wolf, Ilka Kaltschmidt und Rosa Baum zusammen mit vielen Helferinnen und Helfern (!) die Strecke an der Sieg. Viele Laufgruppen nutzten den tollen Service, sich vor einer großen Fotowand fotografieren zu lassen – die vielen Fotos können in den nächsten Tagen kostenlos auf der Seite des Veranstalterseite heruntergeladen werden.
Lauf war inspiriert
von Frauenlauf-Ikone
Kathrine Switzer
Dass Frauen in aller Öffentlichkeit laufen, und sogar an einem Wettkampf unter Männern teilnehmen dürfen, das war lange Zeit absolut verpönt. Renate Hoffmann, 1999 Gründerin von :anlauf Siegen, war als Teilnehmerin von den Frauen-Läufen in Berlin (2000) , Darmstadt (2001) und Frankfurt (2009) vom Konzept reiner Veranstaltungen nur für Läuferinnen begeistert. Inspiriert durch die Vorreiterin des Frauen-Marathons, der US-Amerikanerin Kathrine Switzer, die 1967 beim Marathon-Lauf in Boston startete, obwohl für Frauen noch streng verboten, hatte Renate Hoffmann bereits vor zehn Jahren die Idee zu einem reinen Frauenlauf in Siegen. Initiiert wurde der 1. Siegener Women’s Run nun vom St. Marien-Krankenhaus Siegen, umgesetzt haben die Gesamtorganisation ein Dutzend laufbegeisterte Frauen.
„Mocki I“ und „Mocki II“
laufen – und Fred
bereitet das Abendessen
Eine echte Bereicherung für die Veranstaltung und Stimmungskanone war Christa Weigand, alias „Die Ursel“ im roten Strickjäckchen und mit Handtasche rrrrrollte sie das Siegerländer „Errrr“ bei ihren Anekdötchen noch schöner als „Mocki“ – und das will etwas heißen. Zusammen mit Moderatorin Renate Hoffmann führte sie durch den Tag, mischte sich oftmals unter die Läuferinnen und sorgte für beste Stimmung. „Wir sind begeistert, dass alles so gut geklappt hat und haben viel Lob und Zuspruch erhalten. Alles ist nach Plan gelaufen. Wir hatten Glück mit dem Wetter, es war eine tolle Stimmung, ich habe selten bei einer Laufveranstaltung so viele lachende Gesichter gesehen“, freute sich Renate Hoffmann vom :anlauf-Organisationsteam. Wie es in den nächsten Jahren mit dem Frauenlauf weitergeht, das wird erst nach einer eingehenden „Manöverkritik“ mit allen Beteiligten und den Sponsoren geklärt. Einen prominenten Fürsprecher hat der Siegener Frauenlauf bereits: Hildegard Mockenhaupt. Die erfolgreiche Langstrecklerin hat die Zukunft schon vor Augen: „Im nächsten Jahr kommen bestimmt 2000!“ Richtig ungeduldig wurden die beiden „Mockis“, Hildegard und Tochter Sabrina dann bei der Siegerehrung. „Wir müssen uns hier jetzt beeilen, der Papa hat gerade angerufen, das Abendessen ist fertig“, verriet Sabrina im Gespräch. Am Nachmittag war Fred Mockenhaupt noch mit dem Fahrrad zum Lauf seiner beiden Frauen an die Sieg geradelt, hatte angefeuert und war dann davongedüst, um für die zwei Frauen das Abendessen vorzubereiten. So soll er sein, der Frauentag beim Siegener Women’s Run.
Ergebnisse
1. Siegener Women’s Run
9.9.2018
Älteste Teilnehmerin: Marlene Grasmann (VTB Wilnsdorf/81 Jahre)
Jüngste Teilnehmerin: Leni Braach (CVJM Dreis-Tiefenbach/Jg. 2011)
Schönster Teamauftritt
1. TSV Oberfischbach Team „Mehr Worte als Schritte“; 2. „Die fünf Feen aus dem Siegerland“; 3. „Cocktail-Hexen“
Einzelwertung 2,2 km
1. Damaris Braach 10:36 (CVJM Siegen/ Jg.1979); 2. Mia Weyand (2006) 11:39; 3. Marie Gutsch (2006) 12:12.
Mutter-Tochter-Schwester-Wertung 2,2 km
1. Damaris Braach (10:36)/Leni Braach (14:04) Gesamtzeit 24:40 min.; 2. Marie Gutsch 12:12/Melanie Gutsch (2006) 12:45 Gesamtzeit 24:57; 3. Malin Runte 12:12/Petra Runte 13:24 Gesamtzeit 25:36.
Einzelwertung 4,4 km
1. Natascha Fischbach (Personalunion Siegen) 22:10; 2. Anja Baldum-Schmidt (VfB Wissen) 23:19; 3. Petra Hassel (VfB Wissen) 23:19.
Mutter-Tochter-Schwester-Wertung 4,4 km
1. Petra Hassel 23:19/Franka Hassel 23:48 Gesamtzeit 47:07; 2. Anja Baldus-Schmidt, 23:18/Carla Schmidt 23:49 Gesamtzeit 47:07; 3. Jolina Ley 26:19/Silke Ley 26:34 Gesamtzeit 52:53.
Freundinnen-Wertung 4,4 km
1. Kirsten Wagner 28:19/Monika Rameil 28:21 Gesamtzeit 56:40; 2. Sarah Wagner 30:49/Meike Kreuz 30:50 Gesamtzeit 1:01:39; 3. Nadja Walkenbach 28:20/Heike Uhlemann 36:05 Gesamtzeit 1:04:25.
Einzelwertung 6,6 km – 1. Lauf
1. Sabrina Mockenhaupt 24:21; 2. Franziska Espeter (TV Laasphe) 25:46; 3. Chantal Klinghammer (Flippflopp Joggerschock) 28:38.
Einzelwertung 6,6 km – 2. Lauf
1. Lea Laufer 26:30 (CLV Siegerland); 2. Davina Bohn (TuS Deuz) 28:48; 3. Christina Rudolph (Uni Blutbank Magdeburg) 30:27.
Einzelwertung 6,6 km Gesamtwertung
1. Sabrina Mockenhaupt 24:21; 2. Franziska Espeter (TV Laasphe) 25:46; 3. Lea Laufer (CLV Siegerland) 26:30.
Die Klassensiegerinnen (6,6 km)
Jugend U16: 1. Felicitas Waschkies 37:55.
Jugend U18: 1. Vanessa Saccani 36:31.
Jugend U20: 1. Paula Weingarten (Wendsche Kickerinnen) 33:57.
Hauptklasse: 1. Franziska Espeter (TV Laasphe) 25:46.
W30: 1. Christina Rudolph (Uni Blutbank Magdeburg) 30:27.
W35: 1. Sabrina Mockenhaupt 24:21; 2. Petra Henkel (TV Niederschelden) 28:59.
W40: 1. Anna Withake (Dienstagsläuferinnen) 31:09.
W50: 1. Elke Bürgel 33:28.
W55: 1. Gerlind Quast 31:35.
W60: 1. Renate Müller (:anlauf Siegen) 38:37.
W70: 1. Marlene Stettner (Sportabzeichen Leimbachstraße) 39:24.
Mutter-Tochter-Schwester-Wertung (6,6 km)
1. Sabrina Mockenhaupt 24:21/Hildegard Mockenhaupt 33:36 Gesamtzeit 57:57; 2. Melanie Wolf-Stemmler 33:23/Kerstin Heinz 33:23 Gesamtzeit 1:06:46; 3. Sandra Waschkies 37:09/Felicitas Waschkies 37:55 Gesamtzeit 1:15:04.
Freundinnen-Wertung (6,6 km)
1. Lea Laufer 26:30/Davina Bohn 28:48 Gesamtzeit 55:18; 2. Natalie Wagner 32:13/Inga-Simone Kern 32:12 Gesamtzeit 1:04:26; 3. Friederike Haß 36:19/Simone Miriam Krätzer 36:20 Gesamtzeit 1:12:39.
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